Die sozialen Netzwerke in Zukunft – Teil 1
Kritisch betrachtet und gefragt: Müssen wir uns vor dem Erfolg von Google+ fürchten?
Es wirkt schon heute, als wären sie omnipräsent: Die sozialen Netzwerke haben sich in kürzester Zeit zu einem Teil der Lebensrealitäten von mehr als einer Milliarde Menschen entwickelt, wenn man den Zahlen von Facebook als Branchenprimus Glauben schenken darf. Mit dieser Zahl muss man feststellen, dass unter acht Menschen einer zumindest im größten Netzwerk Facebook registriert ist. Betrachtet man den Umstand, dass die Vernetzung der Weltbürger längst nicht abgeschlossen ist, zeichnet sich das Potential dieser Netzwerke ab, um das in den Hinterzimmern der Konzerne mit harten Bandagen gefochten wird.
Data Mining, direkt an der Quelle – Der stille Kampf von Facebook und Google um die Fleischtöpfe des Online-Marketings
Nirgendwo sind die Nutzer als Menschen in ihrem natürlicher als in vermeintlich sozialen Netzwerken, sich unter Freunden und Bekannten glaubend. Dadurch lässt sich nirgends besser das Nutzerverhalten erfassen, also dort, wo Menschen ihre Wünsche, Interessen, Träume, Hobbies, ja einfach die ganze Persönlichkeit besser beobachten, als es die Betreiber der Social Networks auf ihren Plattformen können. Was sie auch in sehr ausgiebiger Form praktizieren, sich doch die gespeicherten Datensätze ihre Bytes in Gold wert – Die Möglichkeit einer perfekt angepassten Werbung ist als sprudelnde Einkommensquelle im Online-Marketings das Schlachtfeld der digitalen Moderne, in welchem sich die Informationsgiganten Google und Facebook die Stirn bieten.
Denn es gibt mittlerweile kaum einen Lebensbereich, in denen man Verweisen etwa auf Google+, XING oder Facebook nicht begegnet: In der klassischen Werbung , auch in den Printmedien, gedruckt auf diversen Produktanleitungen und in der Werbung in Radio-Spots – Ja sogar auf Visitenkarten besonders moderner Zeitgenossen findet sich nicht selten der Hinweis auf Profile in diesem oder jenem Social Network.
Gruppenzwang 2012: Social hier, social dort – Virtuelle Netzwerke mit massivem Einfluss auf die physische Realität
Ob Text, Sprache oder anderweitig, wie etwa durch QR-Codes – wer darauf achtet, bemerkt schnell, wie stark diese Plattformen bereits Teil des privaten wie auch des kommerziellen Alltags geworden sind. Gerade Facebook, welches in der westlichen Welt als Marktführer gilt, scheint mit seiner Plattform überall zu lauern – Das weiße „F“ auf blauem Grund gehört heute sowohl zu einer Art digitaler Obligation – Wer nicht dabei ist, steht zumeist außen vor. Selbst für Spätzünder und Quereinsteiger in die digitale Welt der sozialen Netzwerke ist die Verlockung ebenso groß wie der vermittelte soziale Druck. Die Verteilung von Einladungen, Bekanntgabe von Ereignissen, Abhaltung von Konferenzen und gerade auch Gruppenchats finden längst nicht mehr selten in den geschlossenen Bereichen der Netzwerke statt – Für Außenstehende kein Eintritt.
Es scheint, als sei die Macht der sozialen Plattformen kaum mehr zu brechen, denn nur zu gut erfüllen sie das nur allzu menschlicher Bedürfnisse ihrer Nutzer: Zu kommunizieren und sich der Selbstdarstellung hin zu geben. Genauer genommen ist es der Umstand, hier im Glauben über die vollkommene Kontrolle der eigenen Darstellung zu sein. Zudem bieten die umfangreichen Funktionen zur Bewertung von beigetragenen Inhalten, die angeschlossenen Kommentarbereiche und die unumgängliche Teilen-Funktion die Möglichkeit sich von allerhand Leuten loben zu lassen, sich positives Feedback zu holen.
Förderung des Drangs nach Selbstdarstellung im virtuellen sozialen Umfeld als Antrieb zur Preisgabe personenbezogener Informationen als Geschäftsmodell für Plattformbetreiber
Gar Böse Zungen würden behaupten, ein Großteil der Nutzer würde sich in diesen Netzwerke aufhalten um das „Fishing for compliments“ auf virtueller Ebene fortzusetzen. Und ein vermutlich ebenso großer Anteil der Kritiker würde dieser Behauptung vorbehaltlos zustimmen: Urlaubsfotos, Model-Castings, Foto-Shootings, Gedichte, Geschichten, Essays oder aber auch Musikstücke: Niemals war es einfacher, jedwede Art von Content für andere bereitzustellen. Niemals zuvor machten Menschen in einem solchen Maß von solchen Möglichkeit Gebrauch.
Diese Entwicklung wird durch die explosionsartig wachsende Verbreitung internetfähiger Smartphones zudem weiter gefördert, denn mit diesen Geräten ist sowohl der Konsum als auch die Publikation von Inhalten auch jederzeit unterwegs möglich. Inhalte werden gepostet und gelesen, Fotos geschossen, Witze getauscht, gelacht, getratscht – Das digitale Sit-in findet 24 Stunden am Tag, an sieben Tagen in der Woche in den sozialen Netzwerken und ihrer Medien statt.
Abzusehen war spätestens mit der Einführung von Google+ als soziales Netzwerk des Suchmaschinendienstleisters, das dieser Entwicklung Rechnung getragen werden würde, die längst eine Lebensrealität der digitalen Eingeborenen und jeder geworden ist, welche es gerne werden wollen. Mit seinen neuesten Anpassungen der Bestimmung von Popularität und Relevanz von einzelnen Webseiten, die nicht mehr allein auf technischen Standpunkten und auf die Indexierung durch Webcrawler optimierten Inhalten und Frameworks abzielt, setzt Google dazu an, die Ergebnisse aus dem hochdynamischen Schwarmverhalten für sich nutzbar zu machen.
Welche Änderungen bringt diese, sich anbahnende Neuausrichtung, der Verknüpfung der Backlinks aus sozialen Netzwerken für das Ranking von Webseiten auf den SERPs?
In früheren Iterationen der Algorithmen wurden es nicht berücksichtigt, ob Nutzer Inhalte aus den Bereichen der Social Networks heraus verlinkt hatten, entweder weil sie nicht indexiert wurden oder aber, weil sie keine Relevanz-Gewichtung für das algorithmische Ranking hatten. Gerade die Vernagelung vieler Netzwerke nach außen hin machte es für den Suchmaschinen-Anbieter wenig attraktiv. Gleichzeitig war seit jeher der Wunsch groß, das Kapital, das man innerhalb dieser „closed spaces“ des Internets, in Form des Nutzerverhaltens
Um die Weichen für eine Zukunft zu setzen, in der diese Inhalte für Google verwertbar werden, hat man mit dem „Penguin“-Update der Google Suche einiges geändert. Darunter fällt etwa die Berücksichtigung im Rankingprozess von Webseiten, deren Inhalte von Nutzern sozialer Netzwerke geteilt werden. Was zuvor im „Blinden Fleck“ der Suchmaschine übergangen wurde, soll zunehmende Bedeutung gewinnen. Auch für diese Umstellung ist die Ursache rasch gefunden: Während bis dahin vor allem technische Kriterien bei der Indexierung als Relevanzkriterium gedient hatten, würde ab dem Roll-out von „Penguin“ im Frühjahr 2012 der erste Schritt in Richtung einer Umverteilung in der Gewichtung des Rankings stattfinden.
Lesen Sie heute in einer Woche unseren 2ten Teil “Soziale Netzwerke der Zukunft”